Krimis gehen fast immer so: Zuerst tritt der Bösewicht auf, ein übler Bursche, der seinen Opfern das Leben zur Hölle macht. Damit ihn das Publikum hasst, lässt der Autor die Opfer möglichst lange leiden. Dann kommt der Held dazu. Er rettet die Opfer, tötet den Schurken und manchmal stirbt er dabei selbst. Dann nennt man das Drama. Deutlich dynamischer wird das Drama mit z.B. Filmen wie Robin Hood oder Zoro dargestellt. Sie machen deutlich, wie der Rolle des Täters, die Rolle des Retters vorherging. Täter dieser Art sind uns deshalb als Zuschauer auch sympathisch.
Jeder im Dramadreieck möchte eine Rolle spielen oder jeder der hier und jetzt eine Rolle spielen möchte springt ins Dramadreieck und versucht aus seiner Rolle Anerkennung und Aufmerksamkeit zu gewinnen. Spätestens, wenn Dynamik aufkommt und die einzelnen Protagonisten aus ihrer Position Rollenwechsel vornehmen beginnt die Komödie oder, wenn der Zuschauer Glück hat, auch die ganz große Oper.
Die Drama-Dynamik beschreibt ein einfaches Modell, dass Stephan Karpmann Ende der 60er-Jahre als das Drama-Dreieck vorstellte: Jedes Drama besteht aus drei Rollen, die besetzt werden wollen. Täter, Opfer und Retter. Doch auch ohne genannte Dynamik im Drama lassen sich Gewohnheiten analog beobachten.
Hinter den Eigenschaften oder besser Stärken der einzelnen Menschen verbergen sich in einem Konflikt Gefahren. Die gefühlsbetonten, kreativen und flexiblen Musen können als Diva wahrgenommen werden und im dynamischen Drama sich als Opfer zeigen. Der aktive Macher, der Dinge voranbringt und auch bereit ist Verantwortung zu tragen, könnte gerade von defensiveren Mitmenschen als der „Ich kam sah und siegte – Checker“ wahrgenommen werden und wenn es dann turbulent wird, hat man den Täter identifiziert. Fehlt noch der, der es ja gut mit allen und allem meint und als Mentor gerade von den Machern ganz plötzlich den Namen Nörgler erhält. Seine Stunde der Anerkennung kommt allerdings spätestens wenn es „rund geht“ als Retter der Opfer.
Konflikte gehören zur Tagesordnung und können grundsätzlich produktiv genutzt werden. Wird der Konflikt allerdings zu einem Drama mit Dynamik kostet das Angst, Trauer, Frust, Ärger, Leid und Energie. Das Dramadreieck ist ein manipulatives System und es spielt mit dem Hin- und Herschieben von Verantwortungen, mit Schuldzuweisungen, Enttäuschungen und dem schlechten Gewissen. - Wenn eine Eskalation nicht unbedingt notwendig erscheint, lohnt es sich diese Dynamik im Dreieck aufzulösen.
Eine besondere Herausforderung stellt dabei die Beobachtung seiner selbst im Dramadreieck dar. Wenn einem das gelingt, ist man nicht mehr nur Akteur sondern gleichzeitig auch Regisseur. Régie, aus dem französischen bedeutet laut Duden ‚verantwortliche Leitung’. Im Kontext des Theaters oder Films sogar die 'verantwortliche künstlerische Inszenierung und Leitung' bei der Gestaltung eines Werkes für eine Aufführung. Wenn es einem also gelingt, neben der aktiven Rolle gleichzeitig auch die Regie des aktuellen Dramas zu übernehmen, beeinflusst man durch seine Leitung den weiteren Verlauf des Dramas; ganz zu schweigen von den Möglichkeiten der Inszenierung. Denn je mehr Rollen man im Drama beherrscht desto mächtiger ist man.